Eduard-Spranger-Gymnasium

Geschichte des ESG

Das ESG - die älteste öffentliche Schule in Rheinland-Pfalz

„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ (Wilhelm v. Humboldt)

Das Eduard-Spranger-Gymnasium geht auf die 1432 erstmals urkundlich belegte Lateinschule des Landauer Rates zurück und ist damit die älteste öffentliche Schule auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Seine sechs Jahrhunderte zurückreichende Geschichte sichert dem ESG einen besonderen Platz in der pfälzischen Schullandschaft.
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Die mittelalterliche Reichsstadt Landau. Kolorierter Holzschnitt aus Sebastian Münsters Cosmographia (Weltbeschreibung), 1547.
Die Gründung einer Lateinschule durch den Rat fällt in die spätmittelalterliche Blütezeit Landaus. Der früheste datierte Beleg ist der am 4. November 1432 vor den Ratsherren geleistete und in einem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kopialbuch überlieferte Eid des Lehrers Jakob aus Kreuznach. Dieses Datum ist aber nicht identisch mit der Gründung der Schule, die damals schon seit mehreren Jahrzehnten bestand; darauf verweisen die Matrikelbücher der Universitäten Wien und Heidelberg, die schon in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Studenten aus Landau verzeichnen.
Die spätmittelalterliche Ratsschule, an der nur ein einziger Lehrer unterrichtete, umfasste drei Klassen und vermittelte den Schülern neben der lateinischen Sprache auch Grundkenntnisse der Wissenschaften. Über ihre Größe und Ausstattung wissen wir kaum etwas; nur die Lage am Klosterbrückchen in der Nähe der Stiftskirche ist bekannt.
Seit dem späten 17. Jahrhundert gehörte die frühere Reichsstadt Landau zu Frankreich. Dies wirkte sich auch auf die schulischen Verhältnisse aus: 1722 gründeten die Augustinermönche in der Königstraße eine eigene Schule, die vorwiegend von den katholischen Kindern besucht wurde. Die Protestanten besuchten weiterhin die Ratsschule. In den Wirren der Französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Schulbetrieb zeitweilig eingestellt.
Nach dem 1816 erfolgten Übergang des später Pfalz genannten „Rheinkreises“ an Bayern beauftragte König Maximilian I. Joseph (1806-1825) den Mainzer Akademiedirektor Johann Friedrich Butenschoen (1764-1842) mit der Neuordnung des Schulwesens. Landau erhielt wie Kaiserslautern und Frankenthal ein Progymnasium ohne Oberstufe; die beiden einzigen Gymnasien der Pfalz kamen nach Speyer und Zweibrücken. Unmittelbar nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 erfolgte schließlich die Einführung eines Vollgymnasiums, das zur Hochschulreife führte. Das zeitgleich bezogene neue Schulgebäude in der Waffenstraße, heute der Altbau des Otto-Hahn-Gymnasiums, bot einen angemessenen äußeren Rahmen. Hier wurde 1876 erstmals das seinerzeit als „Gymnasialabsolutorialprüfung“ bezeichnete Abitur durchgeführt.

Bleibende Verdienste um das Humanistische Gymnasium erwarb sich dessen erster Direktor Johannes Dreykorn, an den eine Tafel im neuen Schulgebäude erinnert. Während seiner rund drei Jahrzehnte dauernden Amtszeit wurde die Schule zu einer der bedeutendsten Bildungsstätten der Pfalz. Die Reihe der zwischen 1874 und 1918 erschienenen „Wissenschaftlichen Programme“ belegt eindrucksvoll das hohe Niveau des Lehrkörpers, und viele der damals erschienenen Arbeiten sind auch heute noch lesenswert.
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Das 1871 bezogene Gebäude des Humanistischen Gymnasiums in der Waffenstraße, heute Altbau des Otto-Hahn-Gymnasiums (Foto: Harald Bruckert).
Die guten Jahre endeten abrupt mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914. Der Krieg griff massiv in den Schulalltag ein. Viele Schüler mussten von der Schulbank direkt ins Feld ziehen; da das Schulgebäude zum Lazarett wurde, fand der Unterricht in provisorischen Unterkünften statt. Auf Niederlage und Novemberrevolution folgte Ende 1918 die bis 1930 dauernde französische Besetzung der Pfalz; der französische General Gérard besuchte am 31. Dezember 1918 das Gymnasium und gab den Befehl, das Gebäude sofort wieder für den Unterricht herzurichten.

Seit dem Schuljahr 1919/20 durften auch Mädchen das Gymnasium besuchen. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann 1933 das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Die Folgen für das Humanistische Gymnasium waren einschneidend. Schon 1934 mussten zwei missliebig gewordene Lehrer aus dem Dienst ausscheiden; der Bezirksrabbiner Dr. Berthold Einstein, der sich in früheren Jahren in besonderer Weise um die Schule verdient gemacht hatte, wurde ohne weitere Umstände seines Amtes enthoben. 1933 hatte es 21 Schülerinnen und Schüler jüdischen Glaubens am Gymnasium gegeben. In den folgenden Jahren fiel ihre Zahl stetig, der letzte musste die Schule 1938 verlassen. Ein Junge, dessen Mutter Jüdin war, konnte sich bis 1942 halten.

Im Zweiten Weltkrieg leerten sich wiederum die Klassenräume. Lehrer und Schüler wurden einberufen, schließlich selbst 15-jährige Jungen in Uniformen gesteckt. Viele von ihnen fanden auf den zahlreichen Kriegsschauplätzen den Tod. Im Spätherbst 1944 wurde wegen der immer stärkeren Luftangriffe die Schulpflicht für die Fahrschüler aufgehoben; Ende Dezember traf eine Granate das Schulgebäude, so dass kein geregelter Schulbetrieb mehr möglich war. 

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Das neue Schulgebäude des ESG kurz nach der Fertigstellung. Foto 1977 (Stadtarchiv Landau, Bildsammlung; Aufnahmen: Rudolf Fendler).
Frühere amtliche Bezeichnungen der Schule:

  • 1432      Lateinschule des Rates 
  • 1819      Progymnasium
  • 1872      Königliche Studienanstalt
  • 1892      Humanistisches Gymnasium
  • 1938      Gymnasium
  • 1945/54 Staatliches Altsprachliches Gymnasium
  • 1964      Staatliches Eduard-Spranger-Gymnasium

Die Schulleiter seit 1872:

Johannes Dreykorn               1872-1901

Dr. Karl Hoffmann                 1902

Dr. Heinrich Reich                  1902-1912

Dr. Hugo Steiger                    1912-1918

Hermann Pfirsch                    1918-1921

Friedrich Haller                       1921-1932

Dr. Adolf Baumann                1932-1946

Dr. Franz Josef Schwaab      1946-1959

Jakob Schütt                          1959-1974

Dr. Adolf Leisen                      1974-1985

Dieter Vetter                           1985-2005

Hans-Peter Neumann            2005-2015

Dagmar Linnert                      seit 2015








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Im Eingangsbereich des ESG erinnert eine Gedenktafel an Johannes Dreykorn, der das Landauer Altsprachliche Gymnasium von 1872 bis 1901 leitete und in dieser Zeit zu einer der bedeutendsten Bildungsinstitutionen der Pfalz machte (Foto: Harald Bruckert).

Bekannte ehemalige Schüler (Auswahl)

  • Johannes Birnbaum (1763-1832), Jurist, Jakobiner, Präsident des Appellationsgerichtes in Zweibrücken

  • Konrad Krez (1828-1897), Freiheitskämpfer, Dichter, General

  • Eduard Vongerichten (1852-1930), Chemiker

  • Johannes Hoffmann (1867-1930), Politiker, 1919/20 Bayerischer Ministerpräsident

  • Wilhelm Laforet (1877-1959), Staatsrechtler und Politiker

  • Ludwig Kohl-Larsen (1884-1969), Arzt, Paläontologe, Forschungsreisender

  • Hermann Sauter (1891-1981), Maler

  • Karl Richard Rath (1898-1970), Jurist, Stifter

  • Eugen Croissant (1898-1976), Maler und Karikaturist

  • Hans Moser (1900-1988), Apotheker, Chemiker, Politiker

  • Walter Reichhold (1904-2001), Diplomat

  • Otto Seel (1907-1975), Altphilologe

  • Richard Rudolf Klein (1921-2011), Komponist

  • Friedrich Wetter (*1928), ehem. Bischof von Speyer und München-Freising, Kardinal

  • Pirmin Spiegel (*1957), römisch-katholischer Geistlicher und Entwicklungshelfer, Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor

  • Armin Hott (*1960), Künstler und Illustrator

  • Joachim Wambsganß (*1961), Astrophysiker

  • Michael Kalmbach (*1962), Maler und Bildhauer

  • Dietmar Seefeldt (*1970), Jurist, Politiker, seit 2017 Landrat des Landkreises SÜW

  • Andy Becht (*1974), Jurist, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz

  • Thomas Hitschler (*1982), Politiker , Mitglied des Bundestages

  • Ricarda Lobe (*1994), Deutsche Meisterin mit der 4-mal-100-Meter-Staffel 2015 und 2016 und Hürdensprinterin

  • Yemisi Ogunleye (*1998), Olympiasiegerin im Kugelstoßen 2024



Quellen

Eduard-Spranger-Gymnasium (Hrsg.): Von der Lateinschule des Rates zum Eduard-Spranger-Gymnasium Landau in der Pfalz. Landau 1982

Humanitas. Festschrift des staatlichen Altsprachlichen (Humanistischen) Gymnasiums Landau in der Pfalz anlässlich des 530jährigen Jubiläums seiner Gründung und 90jährigen Bestehens als neunklassige Höhere Schule. 1432-1872-1962. Landau 1962.

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